Das Bündnis Solidarisches Salzburg spricht sich klar gegen den Militärangriff der Türkei gegen die Region Rojava in Nordsyrien aus. Bei einer Solidaritätsdemo am Samstag, den 12. Oktober 2019, wurde vom Bündnis Solidarisches Salzburg folgende Rede gehalten:
Liebe Freunde und Freundinnen, liebe Genoss*innen!
Wir sind heute hier, um zu zeigen, dass wir den Militärangriff der Türkei auf die demokratische Konföderation Rojava im Nordosten Syriens aufs Schärfste verurteilen, ablehnen und verachten.
Am 09. Oktober 2019 begann das Erdoğan-Regime mit dem Angriff auf das Autonomiegebiet, das als Hoffnung der ganzen Region gilt. In Rojava leben Menschen der verschiedensten Ethnien und Religionen selbstverwaltet und friedlich zusammen. Frauen können sich hier frei und gleichberechtigt bewegen und arbeiten und das dort praktizierte ökologisch nachhaltige Wirtschaftsmodell ist eine Abkehr vom zerstörerischen Kapitalismus.
Die drei Säulen der Selbstverwaltung heißen Gleichberechtigung, Ökologie und radikale Demokratie.
Damit ist Rojava nicht nur die Hoffnung der Region, das Projekt hat seit seiner revolutionären Gründung im Jahr 2012 soziale Bewegungen auf der ganzen Welt inspiriert und ihnen Mut gemacht.
Genau vor fünf Jahren haben die Volksverteidigungseinheiten Rojavas, die YPG und die YPJ, erfolgreich den Angriffen des IS auf die Stadt Kobane getrotzt. Im Sommer 2014 waren es kurdische Kämpfer*innen, die 35.000 Jesid*innen vor einem Massaker durch den IS bewahrten, indem sie einen Fluchtweg für sie freikämpften. Sie trotzten dem IS wie keine andere militärische Macht und ernteten dafür international Anerkennung.
Heute ist es dieselbe internationale Gemeinschaft, die wegschaut und zulässt, dass Erdoğan unter der Heranziehung fadenscheiniger Gründe einen Angriffskrieg durchführt:
- Sie lassen zu, dass Erdoğan von Terrorbekämpfung spricht, wo doch er es war, der den IS unterstützt hat und die Dschihadist*innen durch die Türkei ungehindert nach Syrien reisen hat lassen.
- Sie lassen zu, dass er sich auf Selbstverteidigung beruft, wo offensichtlich ist, wer der Aggressor ist.
- Sie lassen zu, dass, er von einer 30 Kilometer breiten Sicherheitszone spricht, wo es in Wahrheit darum geht, diese letzte sichere Region im Bürgerkriegsland Syrien zu destabilisieren.
- Sie lassen zu, dass er von der Ansiedelung von syrischen Flüchtlingen spricht, wo es in Wahrheit um die Massenvertreibung der dort lebenden Bevölkerung geht.
- Sie lassen zu, dass er die Menschen in der Region verhöhnt, indem er unter dem Deckmantel “Offensive Friedensquelle“ ihre Lebensgrundlage zu zerstören sucht.
Es sind wirtschaftliche Verbindungen, die zu diesem Wegschauen führen. Die Türkei ist ein enger Wirtschaftspartner zahlreicher europäischer Staaten. Deutschland exportiert Unmengen an Kriegsmaterial in die Türkei und verdient damit direkt am Leid und der Zerstörung mit. Aber auch Österreich verkauft mit der Zustimmung der zuständigen Ministerien Kriegsmaterial und militärisches Material in die international als Kriegsland eingestufte Türkei in Millionenhöhe.
Spätestens seit dem unsäglichen Flüchtlingspakt aber, der 2016 geschlossen wurde, hat Erdoğan freie Hand. Menschenrechtsverletzungen im Land oder völkerrechtliche Vergehen wie ein Angriffskrieg gegen Afrin 2018 blieben ohne Konsequenz der EU. Erst gestern verwiesen Diplomat*innen in Brüssel darauf, dass die Türkei zur Bewältigung der Flüchtlingskrise als Partnerin gebraucht werde. Und so führt dieser Pakt zu Toten im Mittelmeer und zu noch mehr Toten in Syrien. Die Brutalität und Banalität dieses Deals und dieser gesamten EU-Außenpolitik erschüttert mich zutiefst.
Sie erschüttert mich besonders, weil ich weiß, dass viele von euch ihre Liebsten, Verwandten, Freunde und Freundinnen, Genossen und Genossinnen in der Region haben, um die ihr jetzt wieder fürchten müsst.
WIR sind über euch, über unsere kurdischen Freund*innen in Salzburg, eng mit den Menschen in Rojava verbunden. Und so sind wir heute hierher gekommen, um gemeinsam mit euch unsere Wut und unsere Trauer zu zeigen, weil dieser Angriff auch unseren Genoss*innen gilt!
Es lebe der Widerstand in Rojava!
Biji, biji berxwedana Rojava!